Hoflößnitz: Innovation aus Tradition

© Max Schroeder
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Über ein halbes Jahrtausend Weinbau machen die idyllisch am Elbhang in Radebeul gelegene Hoflößnitz zum Zentrum der sächsischen Weinkultur­landschaft. Man kann sagen, hier schlägt das Herz des sächsischen Weinbaus!

Top Magazin Dresden hat Geschäftsführer Jörg Hahn getroffen und mit ihm über ständige Innovationen, die Vorreiterrolle in der Region und den Weinbau der Zukunft gesprochen.

Wie schätzen Sie den Stellenwert der Hoflößnitz für die Region ein?
Jörg Hahn: Aus der Historie heraus hat die Hoflößnitz schon immer eine herausragende Stellung in der sächsischen Weinkulturland­schaft. Entscheidungen, die seit den Zeiten von Kurfürst August in der Hoflößnitz getroffen wurden, waren immer auch maßgeblich für den Weinbau in der gesamten Region.

Wie hat sich diese herausragende Stellung über die Jahrhun­derte entwickelt und was macht sie heutzutage aus?
Die Hoflößnitz gibt es seit 1401, seitdem die Wettiner hier Weinberge besaßen. Es ist damit das älteste Weingut in Sachsen. Die Stiftung, die seit 1998 besteht, hat sich der Pflege dieser Kulturlandschaft verschrieben und betreibt das einzige Weinbaumuseum Sachsens. Gleichzeitig war die Hoflößnitz das erste zertifiziert ökologisch arbeitende Weingut in den neuen Bundesländern, womit wir Vorreiter für den Bio-Weinbau in der gesamten Region waren und sind.

Hoflößnitz-Geschäftsführer Jörg Hahn / © Bastian Hanitsch

Was unterscheidet den ökologischen vom konventionellen Weinbau?
Der wesentliche Unterschied liegt beim Pflanzen­schutz, wo wir bewusst auf systemische Präparate, die „chemische Keule“, verzichten. Darüber hinaus sind 60 Prozent unserer Rebflächen mit sogenannten Piwis bestockt, also pilzwiderstandsfähigen Rebsorten, was die Reben und Weine der Zukunft sind. Dazu gehören z.B. die weißen Sorten Cabernet Blanc, Solaris, Souvignier Gris oder Johanniter. Auch bei Rotweinen setzen wir auf Piwis wie Cabernet Cortis und Regent. Mittler­weile haben auch die Kollegen in der Region erkannt, dass man mit Piwis ökologisch nachhaltiger arbeiten kann. Wir setzen also immer wieder Maßstäbe hinsichtlich Qualität, Genuss und Geschmack. Und diese Tradition spiegelt sich auch in den Personen wider. Viele, die die sächsische Weinkultur prägen und gestalten, kommen aus der Hoflößnitz. Felix Hößelbarth, unser Leiter für Weinbau und Keller­wirtschaft, ist beispielsweise auch Vor­sitzen­der des Sächsischen Weinbauverbands und der Schutz­gemeinschaft.

Die innovative Arbeit wurde auch mehrfach prämiert.
Wir haben die höchste Auszeichnung der deutschen Wein­wirt­schaft, die ­„Bundesweinprämie­rung“ in Gold, erhalten, wurden 2020 unter die Top-Winzer Sachsen gewählt und haben den Ehrenpreis des Bundesministeriums für Er­nährung und Landwirtschaft bekommen.

© Max Schroeder

Die Hoflößnitz hatte also schon immer eine Vorreiterrolle?
Ja. Das Weingut steht für „Innovation aus Tradition“. Wir wollen Neues ausprobieren und das Wissen darüber weitertransportieren. So benennen wir die Piwis bewusst auf den Flaschen, statt sie in einer schön klingenden Cuvée zu verstecken. Damit übernehmen wir die Pionier­arbeit, diese Sorten bekannt zu machen. Innovativ war die Hoflößnitz aber auch in den vergangenen Jahr­hunderten. Seit 1923 gab es hier unter dem Land­wirt­schaftsrat Carl Pfeiffer die erste sächsische Weinbau­versuchs­anstalt. Schon über 300 Jahre vorher, seit 1616, wurden die Steillagen der Hoflößnitz durch den Bau von Trocken­mauern terrassiert und die sogenannte württembergische Wein­erziehung eingeführt, was prägend für den gesamten sächsischen Weinbau wurde. Gleich­zeitig haben auch die höfischen Wein- und Jagd­feste, die hier in der Hoflößnitz stattfanden, die regionale Kultur geprägt.

In welcher Weise? Können Sie uns dazu konkrete Beispiele nennen?
Schon damals hat man regionale Produkte, die es quasi direkt vor der Haustür gab, verwendet. So kam z.B. der Fisch aus Moritzburg, der Spargel aus Diesbar und das Wild aus den umliegenden Wäldern. Die Regionalität, die wir heute leben, hat August der Starke schon vor über dreihundert Jahren gelebt.

Was ist heute das Besondere an der Hoflößnitz?
Die Hoflößnitz ist in den letzten 20 Jahren zu einer Marke geworden, unter deren Dach die verschiedenen Ebenen wie Ökoweinbau, Kultur und Kunst, Gastronomie und unser Gästehaus und seit 2015 die Tourismuszentrale Sächsische Weinstraße arbeiten, wo sich Gäste der Region zum Thema Wein im Elbtal informieren können. Letztere ist ein absolutes Novum und stellt alle Haupterwerbswinzer der Region mit ihren Produkten vor. Die Hoflößnitz versteht sich heute als Informa­tions­träger und Zentrum der sächsischen Weinkulturlandschaft. Das unterstützen wir z.B. auch mit unseren museumspädagogischen Program­men für Schulklassen und Kindergruppen, in denen wir spielerisch Wissen zum Thema Weinanbau vermitteln.

© Max Schroeder

Wie soll diese vielfältige Tradition auch in Zukunft fortgeführt werden?
Wir haben jedes Jahr ein sehr umfangreiches Programm. Es beginnt im Januar und Februar mit dem Hoflöß­nitzer Weinbergglühen, geht weiter mit den Osterfreuden und dem „Churfürstlichen Weinbergfest“ im Oktober und endet mit dem historischen Weihnachtsmarkt. Auch beim Tag des offenen Weingutes am 24./25. August und beim Tag des offenen Denkmals am 8. September sind wir mit dabei. Außerdem gibt es seit 1993 unsere sehr erfolgreiche Kammer­musik­reihe, die inzwischen eine feste Größe im kulturellen Leben der Region ist. Sie findet im Winzersaal statt und ist spezialisiert auf Werke der Alten Musik, die auf historischen Instrumenten dargeboten werden. Am 29. September spielt beispielsweise das Dresdner Streich­quartett Musik von Haydn und Schubert. Und ganz wichtig: Wir haben auch ständig wechselnde Ausstellun­gen im Sächsi­schen Weinbau-Museum.

Was ist das für ein Museum und welche Ausstellung ist dort aktuell zu sehen?
Das Weinbaumuseum ist im Lust- und Berghaus und im Bergverwalterhaus der Hoflößnitz untergebracht und existiert seit 1924. Wir feiern dieses Jahr also das 100. Jubiläum. Die Dauerausstellung „850 Jahre Weinbau in Sachsen“ präsentiert kulturgeschichtliche Zeugnisse der Weinbaugeschichte und Wein­kultur im oberen Elbtal von der Frühen Neuzeit bis in die Gegenwart. Eine Hauptattraktion des Museums ist die original erhaltene künstlerische Dekoration der herrschaftlichen Räume im Lusthaus mit den berühmten Gemälden brasilianischer Vögel des niederländischen Malers Albert Eckhout. Dazu kommt ein abwechslungsreiches Sonderausstellungsprogramm. Vom 6. August bis 15. September ist unsere neue Sonderausstellung „Bärbel Kuntsche – Malerie & Grafik“ zu sehen. Und die Jubiläums­ausstellung „Paradies“ mit Arbeiten der Radebeuler Künstlerin Irene Wieland und Leihgaben aus dem Senckenberg Museum Dresden im historischen Festsaal läuft noch bis Saisonende. Ein Besuch der Hoflößnitz lohnt sich also das ganze Jahr über, sowohl für auswärtige Gäste wie auch für Familien aus Radebeul und der Umgebung.

Stiftung Hoflößnitz
Knohllweg 37
01445 Radebeul
Telefon: 0351 839 83 33
info@hofloessnitz.de
www.hofloessnitz.de

Interview: Ute Nitzsche

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